Montag, 02.07.2012 — Borganes – Lysuhol

Montag, 02.07.2012 — Borganes – Lysuhol
Tageskilometer: 97 km
Teilweise Sonne, nur etwas Regen, 14°C

Die Nacht in der Jugendherberge wäre eigentlich ganz gut gewesen, wäre nicht der lauteste Schnarcher Kanadas bei mir im Zimmer gelegen. Mich würde es nicht wundern, wenn in Kanada keine Bäume mehr stehen…
Nun ja, abhaken.
Nach dem Frühstück habe ich meinen Anhänger geschnappt und mich zügig auf die Socken gemacht. Die Navigation war einfach: Immer auf der „54“ nach Norden. Auch in Island gibt das selbe System der Straßenbezeichnung, wie in Schweden und Norwegen: Hauptstraßen haben nur eine Ziffer. Je mehr Ziffern es werden, desto kleiner ist die Straße. Asphalt ist aber selbst auf der „1“ nicht immer und überall durchgängig vorhanden.
Die Weite der Landschaft war auch sehr beeindruckend. Immer wieder konnte ich von weitem die dicken Regenwolken sehen, aus denen der Regen fällt: Wie ein grauer Vorhang. Weniger erfreulich war, dass ich meist in Richtung des Regen-Vorhangs unterwegs war. Alles in allem hatte ich meistens jedoch Glück, denn die Wolken hatten sich schon leer geregnet, als ich an den Stellen vorbei kam. Die nassen Straßen waren ein guter Beweis hierfür. Nur konnte ich nicht immer auf dieses Glück zählen. So fing es dann wenig später doch kräftiger zu regnen an. Aus meinen Erfahrungen vom Vortag habe ich gelernt, doch besser sofort die Regenkleider anzuziehen. Denn es wird auf jeden Fall immer stärker, als ich zuerst denke. Aber das isländische Wetter spielt eben doch gerne auch mal Katz und Maus mit mir. Und so hörte es, nachdem ich in voller Regen-Montur auf dem Fahrrad saß, wenig später wieder auf zu regnen.
Heute gab es als Entschädigung für den Regen Unterstützung in Form von Rückenwind. Zumindest ein Stück weit, bis ich nach Westen abgebogen bin. Von da an war es richtig Arbeit gegen den Wind voranzukommen. Wenn aus Rückenwind nach und nach Gegenwind wird, dann ist das immer recht frustrierend. Irgendwie denke ich immer wie einfach es doch sein könnte, wenn…
Ganz in Gedanken versunken komme ich an einem kleinen Wald vorbei. So etwas ist in Island eigentlich eine kleine Sensation. Denn Wald gibt es hier eigentlich keinen. Den haben sie in der Vergangenheit sehr konsequent abgeholzt und zu Schiffen verarbeitet. An Wiederaufforstung dachten die Wikinger natürlich nicht. Inzwischen wird zwar immer wieder versucht kleine Wälder aufzuforsten, aber das dauert einfach sehr lange. Teilweise hat die Erosion die fruchtbaren Böden auch schon komplett abgetragen. Dann wachsen dort keine Bäume mehr. Ich nutze den kleinen Wald und den nahe gelegenen Rastplatz für eine kleine Pause. In der Windstille und mit etwas Sonne lässt es sich wirklich aushalten. Ich bin wohl kurz eingeschlafen, als ein Touri-Pärchen mit recht viel Getöse auf dem Rastplatz eintrifft. Nun gut, es wird auch Zeit die ausgedehnte Pause zu beenden. Weiter geht es: Immer Richtung Westen.
Als ich an einem Hinweisschild, dass einen „Hot Pool“ ankündigt vorbeikomme, beschließe ich recht spontan mir das einmal aus der Nähe anzuschauen. Eigentlich bin ich heute auch schon lange genug unterwegs gewesen. Ich möchte mir die Chance nicht entgehen lassen und auch einmal in einer heißen Quelle baden. Das hier zufällig auch eine kleine Pension mit netten kleinen Hütten zum Übernachten ist, nehme ich einfach mal als Wink des Schicksals hin. Ich packe mein Gepäck in das kleine Zimmer und schnappe mir schnell die Badehose und ein Handtuch. Die junge Dame an Check-In erklärt mir welches der Becken das wärmere ist und dass der Schlamm am Boden gar nicht schlimm ist. Schlamm sei schließlich immer gut für die Haut. Nun ja, schau mr´ mal. Ich laufe über die Weide hinterm Haus zu einem kleinen Hügel, der keinerlei Bewuchs hat. Er ist überall eher gelblich?! Auf dem Hügel sind dann die beiden beschriebenen Löcher im Boden. Nicht groß. Eines ist 1 x 2 Meter groß, das andere Loch vielleicht 2 x 2 Meter. Ich teste zuerst einmal das kleinere Loch. Barfuß steige ich ins heiße Wasser. Der Schlamm drückt sich zwischen den Zehen hindurch bis ich ca. 10 cm im heißen Schlamm stecke. Die Wassertemperatur ist wirklich sehr warm. Aber der eiskalte Wind, der übers Land fegt, macht es dann doch recht einfach, sich ins Wasser zu legen. Boah, wie warm. Echt super. Und der Boden ist so angenehm weich. Ich drücke meinen Hintern grade noch etwas in den weichen Schlamm, als ich mit einem unterdrückten Schmerzensschrei aus dem Becken springe. Autsch! Ich habe mich wohl etwas zu tief in den Schlamm gedrückt und bin wohl mit einer Po-Backe auf einen Riss gekommen, aus dem heißes Wasser strömt. Und das Wasser war verflixt heiß. Doofes Becken, dann nehme ich doch lieber mal das Andere. Das hat einen festen Boden aus Beton, ist aber noch viel heißer. Darin halte ich es wirklich nicht lange aus und wechsle wieder zurück ins Schlammbecken. Diesmal aber vorsichtig.
Es ist schon ein wunderbares Gefühl: Man liegt im heißen Wasser, während der kalte Wind um einen herum ganz ordentlich pfeift. Schaut man nach links, sieht man das Meer. Blickt man nach rechts fällt der Blick zuerst auf grüne Weideflächen und dahinter steigt die Landschaft fast senkrecht zum Hochland hin an. Hier und da kommen kleine Wasserfälle zu Tal. In solchen Augenblicken ist die Anstrengung des Tages wirklich schnell vergessen und ehrlich gesagt ist in so einem Moment auch wirklich alles perfekt.